Quarks & Co – Wohin verschwindet unser Geld

Interessante Doku in 5 Teilen

Teil 1 hier

Für die anderen 4 einfach bei Youtube den Vorschlägen folgen

Leben aus dem Labor – Die synthetische Biologie

Sehr interessante Dokumentation von arte über die synthetische Biologie und deren möglichen umweltfreundlichen Nutzen sowie gravierenden Folgen.

Aber: Die Würfel sind bereits gefallen. Alea iacta est.

Leben aus dem Labor – Die synthetische Biologie. Von arte, 2011.

Goldman Sachs – Eine Bank lenkt die Welt

Eine super Donkumentation die hinter die Kulissen der internationalen Superbank Goldman Sachs blickt.

Deren Prinzip: „Einmal dabei, immer dabei.“ Und so haben sie es im Laufe der Jahre geschafft massenweise Politiker, Finanzinspektoren und andere einflussreiche Personen in die Politik einzuschleusen.

Hier der Link zum Video:

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Twitter-Archiv wird vermarktet

Twitter versilbert alle der mehr als 200 Milliarden Kurznachrichten seiner Nutzer. Jede einzelne davon mit emotionaler Tendenz, Ort und Zeit des Versands. Dieses Archiv erlaubt Trendvorhersagen und Manipulation – von unheimlichem Ausmaß.

Zu welchem Zweck wird ein digitales Archiv dieser Kurznachrichten dienen? Die schiere Menge macht eine Analyse der gedruckten Twitternachrichten unmöglich – hier eine Installation bei der eine Auswahl der aktuellen Tweets gedruckt wurde
Kaum dass am 1. März die neuen Datennutzungsregeln bei Google in Kraft getreten sind und ein geharnischter Beschwerdebrief europäischer Datenschutzbeauftragter in Mountain View eintraf, schickt sich nun das dritte große soziale Netzwerk an, seine Schätze zu versilbern. Twitter hat durchblicken lassen, wie das Unternehmen sich die Zukunft der Monetarisierung seiner Datenbestände vorstellt.

Normalerweise können Twitter-Nutzer die „Tweets“ genannten Kurznachrichten nur für den Zeitraum von einer Woche durchsuchen. Die britische Firma Datasift darf nun nicht nur wie bisher den aktuellen Datenstrom aus allen Tweets, sondern auch gegen eine monatliche Gebühr den Zugriff auf das gesamte Twitter-Archiv seit Januar 2010 vermarkten. Neben einer Stichwortsuche über den Bestand an Tweets können Filtertechniken eingesetzt werden, etwa um Inhalte nur von weiblichen Nutzern oder solchen in bestimmten Altersgruppen zu durchforsten.
Erstmals in der Geschichte der Menschheit

Das amerikanische Unternehmen Gnip bietet schon länger Zugriff und Werkzeuge für die Überwachung und Filterung der Datenströme aus einer Vielzahl von Internet-Diensten an. Diese waren jedoch in der Regel nur zeitlich beschränkt für die Vergangenheit verfügbar, nicht zuletzt bedingt durch die gigantischen Datenmengen, die zugreifbar gehalten werden müssen. Gnip und Datasift sind Exklusivpartner von Twitter, sie sind die Türsteher und Kassierer am Datenbergwerk. Datasift bietet zudem in einem weiteren Paket an, Twitter-Daten mit Informationen aus Google+ und Facebook zu verknüpfen.

Derzeit werden mehr als 250 Millionen Tweets pro Tag abgesetzt. Jeder einzelne dieser Tweets hat eine eindeutige Identifikationsnummer. Zusätzlich werden auch die Beziehungen zwischen den Tweets aufgezeichnet: Wer leitet die Kurznachricht eines anderen an die eigene Gruppe, wer gibt einen Link weiter, wer kommentiert, wer antwortet? Das weltweite Geschnatter eignet sich für mannigfaltige Analysen von Linguisten, Ethnographen, Soziologen oder Politologen. Niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit wurde das ganz private oder das kollektive Denken und Fühlen, aber auch Kommunikationsmuster des Alltäglichen, Banalen so umfangreich aufgezeichnet, nie war es in dieser Weise zugänglich, sortier- und analysierbar.
Testmaterial für bewusste Manipulation

Doch nicht wissenschaftlicher Erkenntnisdrang treibt die Datenschürfer. Sie heben einen Schatz firmen-, marken- oder marktrelevanter Mitteilungen. Anhand der Stimmungen, die sich durch einfache Betrachtung von Merkmalen wie positiver oder negativer Wort-Konnotationen und Emoticons erschließen, lassen sich selbst ungefähre Vorhersagen zur Entwicklung wesentlicher Börsenindizes einige Tage im Voraus ableiten.
Das Entscheidende an der Verfügbarkeit der Twitter-Archive ist, dass sich nunmehr Algorithmen an historischen Daten testen lassen. Während man zuvor ein Vorhersageprogramm auf der Basis von Twitter-Stimmungen nur anhand aktuell verfügbarer Daten testen konnte, lassen sich nun Korrelationen von Ereignissen und Twitter-Trends retroaktiv prüfen, um die Algorithmen zu optimieren. Es ist wie bei automatischen Trading-Systemen, die in den Archiven nach vergleichbaren Trends und Situationen suchen, um daraus Vorhersagen für das Jetzt abzuleiten: Ihr Nutzen hängt von der digitalen Verfügbarkeit historischer Börsendaten in hoher Auflösung ab.

Eine ähnliche Entwicklung ist durch die Vermarktung der Twitter-Daten auch für andere Branchen zu erwarten. Unternehmen und Politiker werden versuchen, ihre PR und Werbung gezielt anhand aufgezeichneter Reaktionen zu optimieren und anzupassen. Bewusste Manipulationen der öffentlichen Meinung werden deutlich vereinfacht, es gibt nun genügend Testmaterial.
Macht ohne Kontrolle

Oft erinnert die Kommunikation über Twitter eher an ein Kneipengespräch mit lockerem Umgangston, das am nächsten Morgen vergessen ist. Dass alle Äußerungen durch ihren öffentlichen Charakter archivierbar und später verwendbar sind, ist den meisten Nutzern zwar abstrakt klar, schließlich kann man auch gezielt die Tweets einzelner Nutzer aufrufen. In der Praxis spielt dieses Wissen jedoch kaum eine Rolle.

Das Angebot von Twitter ist in gewisser Weise ein Novum. Sofern sie nicht von Dritten gespeichert werden, mutieren die zunächst öffentlichen Daten: Nach einer gewissen Zeit werden sie reprivatisiert und sind nur noch gegen nicht ganz geringe Geldbeträge zugänglich.

Es stellen sich daher grundsätzliche Fragen: Wer soll und darf die daraus erschließbaren Erkenntnisse erlangen und verwerten können? Die Gemeinschaft der Nutzer produziert die Daten, digitalisiert ihr Leben. Wer erntet die Früchte dieser digitalen Gemeinschaftsleistung – wieder nur wenige, die es sich leisten können? Die aus den Datensammlungen resultierende Macht durch die möglichen Einblicke ist de facto unreguliert, unbeobachtet und derzeit unkontrollierbar. Wer soll sie in Zukunft ausüben dürfen?

Twitters Datenvermarktungsstrategie passt nahtlos in den übergreifenden Trend im Social-Media-Gewerbe: Man bietet einen hinreichend nützlichen Dienst an, so dass er von vielen Menschen gern genutzt wird. Der Dienst an sich ist jedoch nicht das eigentliche Geschäft. Das Geld wird mit der direkten oder indirekten Vermarktung der dabei anfallenden digitalisierten Lebensäußerungen gemacht.

Den Datensammelunternehmen und ihren Türstehern stünde es gut an, die Resultate der Analysen aus den Daten, die wir ihnen überlassen, auch uns zugutekommen zu lassen. Die Gesamtheit dieser digitalen Lebensäußerungen könnte so quasi zur natürlichen Ressource aller werden.

Doch allein zu fordern, dass die Daten jedem zugänglich sein müssen, verbessert die Lage noch nicht entscheidend. Twitter hat eine Vereinbarung mit der größten Bibliothek der Welt, der Library of Congress in Washington, die alle öffentlichen Tweets seit 2006 erhält. Damit lässt sich jedoch praktisch wenig anfangen: Die Verarbeitungs- und Speicherkapazitäten, um aus den enormen Datenmengen Wissen zu extrahieren, das Macht bedeutet, sind derzeit nur Unternehmen und Staaten zugänglich. Erst aus der Kombination der Datenströme mit großer Verarbeitungskapazität und dem Wissen und der Software zu ihrer Analyse entstehen die Machtmittel, die den Informationsrohstofflieferanten gehören sollten: uns allen.

Quelle: F.A.Z.

Russia’s annual Victory Day parade

Fanaticism is overblown

Fuck arms industry. Das Wort zum Mittwoch…

Toxic City

Ernüchternde Dokumentation über die Kupfergewinnung aus Elektroschrott in Ghana

von ZDFinfo, 2011

 

Euro-Tsunami

Die große Geldschwemme

Vergessen Sie für einen Moment die Euro-Krise, kommen Sie mit nach China – und lernen Sie die Näherin Zhang kennen. Sie war erst 21 Jahre alt, da hatte sie schon in neun unterschiedlichen Fabriken gearbeitet. Vom bitterarmen chinesischen Land war sie an die südliche Küste gekommen, nach Shenzen, weil sie dort in den Fabriken etwas Geld verdienen konnte. Jeden Tag arbeitete sie von 7.30 Uhr bis mindestens 23 Uhr, unterbrochen nur von einer kurzen Pause zum Essen. Wenn sie bei der Arbeit Fehler machte, musste sie Strafen zahlen, die in einem Monat leicht den ganzen Lohn auffressen konnten. Amnesty International schildert: Als Zhang in ihrer letzten Fabrik nicht mal mehr ihren Lohn ausgezahlt bekam, stahl sie zusammen mit einigen Kollegen den Schlüssel zum Fabriktor und verließ das Unternehmen.

Die Verzweiflung Zhangs am anderen Ende der Welt hat mehr mit der Euro-Krise zu tun, als man im ersten Moment denkt. Dass Fabriken in China jahrelang trotz solcher Bedingungen Arbeiter gefunden haben, hatte auch Auswirkungen in Europa. Es drückte die Preise. Und damit die Inflation.

Das ist wichtig. Denn seit Jahrzehnten hat sich in vielen Köpfen der Gedanke festgesetzt: Wenn es zu viel Geld gibt, dann entsteht Inflation. Diese Idee hat nichts von ihrem Ansehen verloren. Selbst Leute, die in der Euro-Krise dieser Tage noch mehr billiges Geld fordern, argumentieren mit dieser Regel – zum Beispiel Notenbanker in der Europäischen Zentralbank. Sie sagen: Wir können immer noch billiges Geld verleihen, es gibt ja bisher keine Inflation.

Die klassische Inflation scheint fast ausgestorben

Dabei ist schon viel Geld im Euroraum unterwegs. Die Geldmenge (M3) hat sich seit 2001 verdoppelt, sie ist mehr als doppelt so schnell gewachsen wie das Bruttoinlandsprodukt und weit schneller, als die EZB selbst anzielt. Doch Verfechter einer laschen Geldpolitik stört das nicht. Sie verweisen eben darauf, dass noch lange keine hohe Inflation zu sehen sei.

Tatsächlich scheint die klassische Inflation, wie man sie noch in den siebziger Jahren kannte, fast ausgestorben zu sein. Zwar hat die Euro-Einführung viele Verbraucher erschreckt. Doch die Mieten in Deutschland sind jahrelang kaum gestiegen. Selbst jetzt, wo die Benzinpreise durch die Decke steigen und die Mieten in Großstädten anziehen, bleiben viele andere Preise recht konstant – und die Inflationsraten bleiben noch weit unter denen, die die Deutschen aus den Siebzigern kennen.

Warum zusätzliches Geld nur noch selten Inflation verursacht

Die Ökonomen Pedro Teles und Harald Uhlig haben das Phänomen wissenschaftlich untersucht und festgestellt: Irgendwann gegen Ende des 20. Jahrhunderts hat sich die Welt geändert. Seitdem verursacht zusätzliches Geld nur noch selten Inflation. Inzwischen sind vier Gründe dafür bekannt.

Erstens: Anfang der Achtziger haben die Notenbanker die Menschen davon überzeugt, dass sie künftig hart gegen Inflation vorgehen werden. Seitdem rechnen viele nicht mehr mit hoher Inflation. Also fordern die Gewerkschaften nicht mehr so kräftige Lohnerhöhungen – schon das dämpft die Teuerung.

Zweitens: Die Löhne stehen unter Druck, weil technischer Fortschritt einfache Arbeitsplätze überflüssig macht. Also wird die Produktion von Waren kaum teurer.

Drittens: Im Versuch, an das Nachkriegs-Wirtschaftswachstum anzuknüpfen, haben die Vereinigten Staaten in den achtziger Jahren ihre Wirtschaft dereguliert und damit einen weltweiten Trend ausgelöst – so beschreibt es der bekannte Ökonom Raghuram Rajan. Diese Deregulierung hat es leichter gemacht, billig zu produzieren.

Viertens: Seit dem Ende der achtziger Jahre sind in Osteuropa und Asien viele Länder mit niedrigen Löhnen und günstigen Preisen in die Weltwirtschaft eingetreten. Vor allem in China gibt es schier unendlich viele verzweifelte Wanderarbeiter wie Zhang, die zu niedrigsten Löhnen und unter den schlechtesten Bedingungen arbeiten. Jahrelang hat auch dieses Preisdumping die Inflation in Europa gedrückt und so die Zentralbanken in Sicherheit gewiegt.

Gefahr einer neuen Blase

Doch die Inflation ist nicht weg. Sie ist nur woanders. Das viele Geld hat in den vergangenen Jahren nicht die Preise im Kaufhaus und im Supermarkt in die Höhe getrieben, die sogenannten „Güterpreise“. Doch es gibt noch andere Preise, die steigen können.

Auch die Börsenkurse sind nämlich Preise: für Aktien, für Anleihen oder für Gold. Auch Immobilien haben Preise. All diese Preise sind in herkömmlichen Inflationsraten kaum berücksichtigt. Doch wenn sie steigen, ist das auch Inflation – die sogenannte „Vermögenspreisinflation“. Sie ist noch viel gefährlicher. Das Problem: Bei der Vermögenspreisinflation gehen die Preise nicht immer nur nach oben. Manchmal kommen sie auch wieder zurück. Und dann entpuppt sich die vergangene Preissteigerung als riesige Spekulationsblase.

Die Gefahr ist groß, dass es jetzt zu so einer Blase kommt. Denn in der europäischen Wirtschaft ist nach wie vor zu viel Geld unterwegs. „Liquidität findet immer einen Weg, sagen wir Notenbanker. Entweder steigen die Verbraucherpreise – oder die Vermögenspreise“, sagte der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark zum Ende seiner Amtszeit im Interview mit der F.A.S. Wir müssen fürchten, dass er recht hat. Ansgar Belke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und zwei seiner Kollegen haben jedenfalls festgestellt, dass das Geld auf der Welt inzwischen leichter die Preise für Geldanlagen nach oben treibt als die Preise im Supermarkt.

Vermögenspreise immer noch zu hoch

Genau so eine Vermögenspreisinflation war die Immobilienblase in Amerika. Das hat der ehemalige amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan selbst zugegeben. Nach der Pleite von Lehman Brothers musste er den Bußgang antreten und vor dem amerikanischen Kongress erscheinen, wo ihn die Abgeordneten für seine Geldpolitik in die Mangel nahmen. „Ich verstehe immer noch nicht ganz, was passiert ist“, sagte er damals. Aber eines wusste er: „Vermögenspreise, vor allem Hauspreise, sind in fast zwei Dutzend Ländern dramatisch gestiegen.“

Das Geld hat in den vergangenen Jahren auch in Europa eine Vermögenspreisinflation ausgelöst – in spanischen und irischen Immobilien, zudem in Staatsanleihen der Peripheriestaaten. So entstand die Euro-Krise. Und das Geld ist noch nicht wieder weg. Die Vermögenspreise sind in Summe immer noch zu hoch. Das Geld treibt mal diese Preise in die Höhe, mal jene. Es wirkt immer noch.

Drei Kandidaten, die uns Sorgen machen

Nun ist das Kennzeichen von Blasen, dass sie niemand vorher mit Sicherheit benennen kann – wenn alle wüssten, dass eine Blase herrscht, gäbe es sie schon nicht mehr. Auch ich weiß nicht, auf welchem Markt die hohen Preise auf Dauer angemessen sind und wo irgendwann eine Blase platzt. Im besten Fall gibt es überhaupt keine Blase. Aber im Moment gibt es mindestens drei Kandidaten, die uns Sorgen machen sollten.

Der erste Kandidat ist Gold. Von seinen Fans seit Jahren geschätzt, ist es zuletzt als Panikwährung richtig beliebt geworden. Kleinanleger standen vor Goldläden Schlange wie sonst nur Teenies vor dem Justin-Bieber-Konzert. Die Reichen waren nicht besser: Unter Bankern kursieren Geschichten von vermögenden Kunden, die ihr ganzes Geld in Form von Goldbarren ausgezahlt haben wollten (und die Banker mussten die Barren schleppen).

Entsprechend teuer ist Gold jetzt. Das Standardmaß, die „Feinunze“, hat seinen Preis innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt und zeitweise mehr als 1350 Euro gekostet. Von dort ist der Preis wieder etwas gesunken, doch aktuell ist Gold immer noch ungefähr so teuer wie vergangenen Sommer. Wenn der Goldpreis wieder fällt, ist das unangenehm, aber kein Desaster. Viele Privatleute werden Geld verlieren, ähnlich wie in der New Economy, als mancher sein Erspartes verlor. Das ist für die Einzelnen bitter – aber weniger dramatisch als die letzte Finanzkrise oder die Gefahren, die aus anderen Blasen drohen.

Zum Beispiel aus dem zweiten Kandidaten: den Immobilien.

Es ist fast, als hätten die Leute nichts gelernt. Immobilienblasen in den Vereinigten Staaten, in Irland und Spanien haben den ganzen Schlamassel mit ausgelöst – und was machen die Deutschen? Sie kaufen Immobilien. Kaum einer, der es sich leisten kann, hat sich noch nicht nach einer Zwei-Zimmer-Wohnung zur Kapitalanlage umgeguckt. Ganz Schlaue nehmen sogar Kredite auf. Schließlich sind die Zinsen niedrig, und falls die Inflation kommt, werden die Schulden entwertet.

Schon sind die Immobilienpreise in die Höhe geschnellt. Das gilt nicht unbedingt auf dem Land, aber in den Großstädten auf jeden Fall. Dabei haben Spanien und Irland deutlich gezeigt, wie gefährlich so eine Immobilienblase ist. Wenn die Preise wieder sinken, gibt es Pleiten en masse. Deshalb verlieren die Banken Geld. Und wenn zu viele Banken zu hohe Verluste machen, steht das Finanzsystem ganz schnell wieder auf der Kippe. Im Extremfall werden neue Rettungspakete nötig. Die Krisenforscher Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, die rund 250 Finanzkrisen aus acht Jahrhunderten analysiert haben, folgern: Wo eine Immobilienkrise ausbricht, ist die Finanzkrise oft nicht weit.

Für Deutschland gibt es Hoffnung, dass der Immobilienpreisanstieg nicht extrem gefährlich ist. Denn Hausbesitzer müssen viel eigenes Geld mitbringen; wenn dann das Haus an Wert verliert, ist nicht sofort der Kredit gefährdet. Zudem können Immobilienbesitzer derzeit hohe Mietsteigerungen durchsetzen – ein Indiz dafür, dass die Menschen schlicht bereit sind, mehr fürs Wohnen zu bezahlen.

Noch gefährlicher könnte aber der Preisauftrieb des dritten Blasenkandidaten sein: der von deutschen Staatsanleihen.

Ein Blick zurück

Erinnern wir uns: In den vergangenen Jahren ist viel Geld in die Staatsanleihen von Griechenland, Italien und anderen ehemaligen Hochzinsstaaten geflossen. Jetzt haben viele Anleihebesitzer aus Angst ihre Wertpapiere verkauft. Nur mit Hunderten von Milliarden an neuem Geld schaffen es die Zentralbanken, die Kurse für Peripherieanleihen hoch zu halten – denn die Investoren ziehen ihr Geld aus der Peripherie ab und schicken es nach Deutschland. Dorthin, wo sie es sicher wähnen. Was dann geschieht, ist leicht zu sehen: Die Kurse für deutsche Staatsanleihen steigen.

Der angesehene Fondsmanager Jens Ehrhardt, der das Geld der Superreichen verwaltet, warnt bereits: „Die internationalen Anleihenmärkte verzeichnen heute wahrscheinlich die größte Blase der Geschichte, die von den Notenbanken manipulativ ausgelöst wurde.“ Das letzte Mal, als Ehrhardt vor einer großen Blase warnte, folgte 15 Monate später die Pleite von Lehman Brothers.

Im Moment profitiert der deutsche Staat noch von den hohen Anleihepreisen. Denn hohe Preise bedeuten: Die Kreditzinsen stürzen in die Tiefe. Für kurzfristige Kredite mit einem Jahr Laufzeit musste die Bundesregierung zwischenzeitlich gar nichts mehr zahlen. Der Finanzminister kann sich freuen. An den Staatsanleihen, die der deutsche Staat in den Jahren 2009 bis 2011 ausgegeben hat, hat er so rund 20 Milliarden Euro gespart. Das hat der Thinktank Re-Define ausgerechnet. Weitere 20 Milliarden Euro sind in den nächsten Jahren schon sicher, weil die Kreditzinsen für die ausgegebenen Anleihen jetzt festgeschrieben sind.

Das Problem ist: Die deutschen Politiker nutzen das Geld nicht, um Schulden zurückzuzahlen. Nicht mal im Aufschwungjahr 2011, in dem die Zinsen so niedrig waren wie nie zuvor, ist die Bundesregierung mit ihrem Geld ausgekommen. Stattdessen haben die Politiker immer wieder neue Ideen, wofür sie Geld ausgeben können. Im Jahr 2013 will die Bundesregierung das „Betreuungsgeld“ für Eltern von Kleinkindern einführen, von dem sie sich trotz großen Protests bislang nicht abbringen lässt – geschätzte Kosten über zehn Jahre: je nach Rechnung bis zu 20 Milliarden Euro. Da ist die Zinsersparnis der nächsten Jahre schon wieder weg.

Das traurige Ergebnis: Der deutsche Staat nimmt immer mehr Schulden auf. Die deutschen Politiker machen den gleichen Fehler wie ihre Kollegen in Portugal und Griechenland vor einigen Jahren.

Wenn die Zinsen für Staatsanleihen eines Tages wieder steigen, kann das Deutschland schnell einige Milliarden Euro jährlich kosten. Dann muss die Regierung wieder sparen. Doch die Peripheriestaaten zeigen: Sparen ist nicht so leicht. Wenn sich die Bürger einmal an die Wohltaten des Staates gewöhnt haben, wollen sie nicht mehr darauf verzichten. Den Deutschen wird es nicht anders gehen. Das Sparen wird schwer.

Um es deutlich zu sagen: Es wird in Deutschland nicht beim ersten Anzeichen von Sparpaketen Straßenschlachten wie nach den rigiden Einsparungen in Griechenland geben. Aber die Gefahr ist unbestreitbar, dass Deutschland sich im schlimmsten Fall schlagartig in einer Situation wiederfindet wie Italien oder Spanien – und das Vertrauen der Märkte verliert. Gegen das, was dann droht, wären alle bisherigen Blasen Seifenblasen.

Artikel von faz.net, 22.04.2012